Warum Pferdezahnpflege


Die Entwicklung des Pferdes vom Steppentier zum domestizierten Haus- bzw. Reittier beeinflussen die Zahngesundheit des Pferdes und zu geringe oder falsche Abnutzung führen zu Zahnproblemen.


Im Laufe der Evolution verließ das Pferd den Wald und wurde zum Steppentier, es verbrachte die meiste Zeit mit der Suche und der Aufnahme von Futter. Das Steppengras war ein derbes und hartes nährstoffarmes Futtermittel und gleichzeitig nahmen die Pferde Sand und kleine Steinchen auf die zu einem konstanten Abrieb führten. Dieser Abrieb war an den Schneidezähnen durch das Abbeißen des harten Grases und an den Backenzähnen durch das Mahlen des Grases und der Sand und Steinchenanteile gegeben. So konnte das Pferd seine scharfen Kanten selbst „entschärfen“. Wenn jedoch dieses System nicht funktionierte wurde das Pferd schwach und krank und somit eine leichte Beute für Raubtiere.

Mit der Domestikation des Pferdes hat sich für das Pferd vieles verändert. Das moderne Pferd verbringt den Grossteil seines Lebens in Boxen, auf Paddocks oder Weiden. Die Pferde werden gefüttert und müssen nicht mehr nach Ihrem Futter suchen. Zumeist setzt sich das Futter der Pferde aus Rauhfutter Heu, Stroh, frischem Gras und Kraftfutter wie Hafer, Müsli, Pellets etc. zusammen. Durch diese Form der Ernährung bleiben die Schneidezähne ungenützt und können ohne Abrieb die volle Rate von ca. 3mm pro Jahr nachschieben. Die Backenzähne hingegen werden durch das harte Kraftfutter stärker beansprucht.

Die logische Folge aus zu geringer Abnutzung der Schneidezähne und zu starker Beanspruchung der Backenzähne ist ein Ungleichgewicht im gesamten Kauapparat des Pferdes. Als Folge können sich Störungen beim Training und in der Arbeit ergeben, aber auch eine Vielzahl medizinischer Probleme wie Kolik, Abmagerung, Durchfall oder auch Fruchtbarkeitsstörungen, wenn nicht der Besitzer die Fütterung optimiert und gleichzeitig in gezielte Zahnpflege investiert. 

Die Pferdezahnpflege ist keine Neuheit der letzten Jahre, bereits Dr. Erwin Becker, ein Pionier in der Pferdezahnheilkunde,lehrte 1930 an Universitäten die Pferdezahnbehandlung und und gab sein Wissen unter anderem auch in Lehrfilmen weiter.

Leider ging das Wissen um die Notwendigkeit der Zahnkorrektur verloren, als sich nach dem 2. Weltkrieg der Pferdebestand deutlich reduzierte. Die Zahnbehandlung in Deutschland erhielt sehr wenig Aufmerksamkeit und das Raspeln der scharfen Kanten sah man als ausreichend an.

Weltweit, vorallem in den USA , Kanada und Australien hat sich die Pferdezahnbehandlung aber stark weiterentwickelt; in diesen Ländern entstanden auserdem Schulen, die die Möglichkeiten zur Ausbildung zum Equine Dentist bieten.  Die Qualität der Pferdezahnpflege in Deutschland steht auf einem der letzten Plätze. Die Zahnbehandlungen bei Pferden ist ein oft vernachlässigtes Thema in der veterinärmedizinischen Ausbildung und und leider hört man auch von vielen Besitzern noch: „ Mein Pferd hat keine Probleme, es frisst ja noch.“ Mann schätzt, dass Haltungs und Zuchtbedingte Zahnprobleme bei ca 90% aller Pferde vorliegen, und das allgemeine Wohlbefinden und Gesundheit oder “overall wellbeing” direkt mit der Zahngesungheit zusammenhaengt. Eine fachlich kompetente Behandlung der Zähne durch den Pferde-Dentisten oder den Fachtierarzt mit zahnfachlicher Zusatzausbildung ist für das Pferd von genauso grosser Bedeutung wie die regelmäßige Hufpflege durch eine Fachkraft.